Mediation! Nein, da fehlt kein zweites „t“!
Für viele klingt der Begriff Mediation auch viele Jahre nach der Etablierung dieser Methode noch reichlich esoterisch, nach Familienaufstellung und sanfter Musik und damit dann doch wieder nicht so weit weg von Räucherstäbchen, Klangschalen und Yogamatte.
Selbsthilfe für Arbeitsteams bei Konflikten
Was dahintersteckt ist jedoch was gänzlich anderes. In der Mediation geht es letztendlich darum, Konflikte durch die Leute klären zu lassen, die sich sowohl fachlich als auch auf der Beziehungsebene zum Streitgegenstand am besten damit auskennen sollten. Gemeint sind die Konfliktparteien selbst.
Es geht also ein Stück weit um Hilfe zur Selbsthilfe, immer in der Annahme, dass die Konfliktparteien zum einen fachlich kompetent sind und zum anderen am besten wissen, welche Lösung sie akzeptieren können und welche nicht. Hilfe gibt es vor allem in der Kommunikation.
Anders können viele Konflikte in Unternehmen nicht gelöst werden, fast nie kann es eine Option sein einen externen Fachexperten zu holen, der sofort die Prozesse durchschaut, die Probleme des Teams erkennt und eine allgemeingültige Lösung verkündet, von denen alle sofort überzeugt sind und die so zur Glückseligkeit beiträgt. Wenn sich ein sofort verfügbarer und bezahlbarer Guru in Ihrem Fachgebiet finden lässt und er sich so viel besser auskennt als die eigenen Leute, dann ist wohl eher die Frage erlaubt, warum Sie ihn nicht sofort einstellen.
Bei der Mediation soll es eben spezifisch nicht darum gehen, dass ein Teamexterner ein Urteil fällt und sei es noch so salomonisch. Sondern die Konfliktpartner sollen einander verstehen und die Hintergründe ihrer Positionierung zu kommunizieren lernen. Letztendlich ist diese Unterscheidung zwischen Position und dahinterliegendem Interesse der wichtigste Schritt zur Lösung der meisten Konflikte, die auf verhärteten Positionen und dem Mangel an zielführender Kommunikation beruhen.
Genau diese Unterscheidung bildet auch den Mittelpunkt des sogenannten Harvard-Konzepts zur Konfliktlösung aus Roger Fishers gleichnamigen Buch von Anfang der 80er Jahre. Es ist sicherlich kein Zufall, dass dieser Ansatz von Mediatoren und Streitschlichtern in Projekten eingesetzt wurde und noch wird, die sich von kleinen innerbetrieblichen Streits bis zu bilateralen, bewaffneten Konflikten erstrecken.
Mediation im Überblick – die fünf Phasen
Die Fachliteratur bietet unzählige, teils sehr gute Werke zum Thema Mediation mit vielen hilfreichen Informationen, deren Fülle ein Blogartikel sicherlich nicht gerecht werden kann. Darum nur ein schneller Überblick:
– Die Vermittlung, denn nichts anders bedeutet Mediation, muss von einer unbeteiligten Person, die von den Konfliktparteien akzeptiert wird, begleitet werden.
Oft ist es eine schwierige Entscheidung, ob ein Mediator des Unternehmens oder ein Externer eingesetzt werden soll. Kurz gesagt, beides kann Vorteile haben. Der Interne kennt die Gegebenheiten, Produkte, Märkte und höhergeregelten, unumstößlichen Vorgaben. Der Externe hat oftmals den weiteren Blick und ist eben nicht in einem ‚das haben wir hier schon immer so gemacht‘ festgefahren.
– Das ganze Konzept beruht auf Freiwilligkeit und der Eigenverantwortlichkeit der Parteien, das heißt niemand darf erwarten, dass ein Mediator eine Lösung vorschlägt oder gar vorgibt, nach der dann in Zukunft gearbeitet wird. Auch kann kein Auftraggeber das gewünschte Ergebnis schon mit auf den Weg geben und davon ausgehen, dass der Mediator die Parteien auf den gewünschten Weg ‚schubst‘ oder leitet.
– Mediation läuft lehrbuchmäßig in fünf Phasen ab
1. Den Beteiligten muss das Verfahren vorgestellt werden. Es muss klar sein, warum der Mediator da ist, was seine Rolle ist, wie Gespräche geführt werden sollen und über die Vertraulichkeit der Inhalte informiert.
2. Konfliktpunkte sind oft weit verzweigt und betreffen ganz verschiedene Bereiche. Bevor inhaltliche Bereiche angesprochen werden, geht es erstmal darum, welche Themen denn besprochen werden sollen. Die Beteiligten sollen ihre Sichtweise und den Umfang der Probleme schildern. Das ist eine Phase, die häufig nicht ohne den Drang zur Gegenrede anderer Beteiligter ablaufen kann.
3. Die oben schon erwähnte Auflösung von Positionen, zugunsten der klaren Kommunikation von Interessen, Sichtweisen und Hintergründen zu Verhaltensweisen steht in der dritten Phase im Vordergrund. Das alles ist sehr viel Arbeit, denn nur das Kommunizieren von Sachverhalten bedeutet leider noch lange nicht, dass diese verstanden und geglaubt werden.
4. Der Mediator moderiert eine Ideensammlung zur Konfliktlösung oder lässt sie moderieren. Das heißt, auf Grundlage der in 3. erarbeiteten Punkte werden jetzt umsetzbare Veränderungen gesucht, mit denen alle einverstanden sind. Mit zu schnellen Lösungen, die alle Abnicken um schnell aus der Situation zu kommen, sollte man sich nicht zufriedengeben, immerhin liegt es an den Konfliktparteien selbst, diese Lösungen später mit Leben zu füllen und zu tragen. Andererseits schadet auch ein kleiner Realitätscheck der manchmal sehr kreativen Ideenfindungen nicht.
5.Wer schreibt, der bleibt. Auch in der Mediation gilt dieser vielzitierte Satz. Und wenn schon nicht schriftlich, dann mindestens eine gut diskutierte Vereinbarung, was in Zukunft wie gemacht werden soll. Allerspätestens hier muss der Mediator auch sichergehen, dass jede Partei mit der Lösung zufrieden ist und nicht nur resigniert zustimmt. Ansonsten muss wieder der Weg über die früheren Punkte gegangen werden.
Mediation löst Konflikte ohne Verlierer zu hinterlassen
Je nach Schwere des Konflikts und nach Einsatzgebiet kommen natürlich noch etliche weitere Hürden und Unterpunkte dazu. Die wichtigste Frage ist sicherlich die nach der Person des Mediators oder der Mediatorin (die natürlich während des ganzen Beitrags immer mit gemeint ist).
Gesprächsführung, das Ausklammern von eigenen Meinungen, Umgang mit aggressiven Einwänden oder mit Konfliktparteien mit deutlich unterschiedlichen Graden an Extraversion sind Dinge, die man kaum erschöpfend in einem innerbetrieblichen Wochenendseminar lernen kann, andererseits ersetzt kein Mediations-Masterstudiengang wichtige Punkte wie Erfahrungen in den Sprachmustern, Kenntnisse über Fachbegriffe und Marktbesonderheiten in der Zielbranche.
Hier zur einen oder anderen Lösung bei der Suche nach einem passenden Mediator zu raten ist schlicht unmöglich. Unternehmen, Konfliktparteien und Mediator(enteam) müssen zur Zielerreichung gut zusammenpassen. Aber wenn dies der Fall ist, dann bringen sie Arbeitsteams weit nach vorne und können Lösungen schaffen, die weithin getragen werden. Ohne dass eine Seite ihr Gesicht verliert und damit auch ohne Einbußen im individuellen persönlichen Wohlbefinden und in der Produktivität des Teams. Und zwar deutlich besser als durch Meditation.